BEASTS
(Komplette Serie)
Großbritannien
hat ja schon länger den Ruf, ausgezeichnete Genreserien unters Volk zu bringen
und die 1976 erschienene Anthologiereihe Beasts
bildet da keine Ausnahme. Mit jeweils anderen Hauptfiguren wurden sechs
Geschichten inszeniert, die Menschen in der Begegnung mit verschiedenen
Monstren zeigen und die in ihrer Qualität zwar schwanken, aber selbst im
schwächsten Beitrag (die Geschichte Buddyboy
über einen Geister-Delphin) noch ein Grundmaß an Spannung und Unterhaltung
bieten. Natürlich gibt es Highlights (die Folge Baby ist schlichtweg ein Mystery-/Horrorkleinod) und genügsame
Durchschnittsware (Dummy wird nur
durch den fiebrig agierenden Hauptdarsteller interessant), aber schon allein
diese Tatsache ist bei sechs Folgen bemerkenswert. Beasts lebt von seiner Bandbreite, dem bewussten Verzicht von
Musik, wodurch die Spannung (gerade in Baby)
nur aus sich selbst heraus existieren muss (billige Jump-Scares sind in Beasts nicht zu finden) und den stets
involviert wirkenden Darstellern, die in jeweils einer Stunde ihre Charaktere
entwickeln. Beasts ist Unterhaltung
im besten Sinne, spannend, trotz des geringen Budgets kompetent inszeniert und
stets überraschend. Am Ende wünscht man sich, mindestens noch sechs weitere
Geschichten erzählt zu bekommen und wahrscheinlich ist das der größte Verdienst
der Reihe.
3.5/4
THE BIG BANG THEORY (Staffel 7)
The Big Bang Theory ist eine der am
meisten ausgestrahlten Serien im deutschen Fernsehen, die aktuell
erfolgreichste Sitcom der Welt und ihre Zukunft ist bereits für mehrere weitere
Staffeln gesichert. Und warum ich dieser Serie mag, die ebenfalls aus der Feder
Bill Pradys stammende Sitcom Two and a
half Men aber nicht, weiß ich immer noch nicht. Und da sich seit der
letzten Staffel nichts geändert hat, mache ich es wieder kurz: die Serie ist
immer noch auf konstantem Kurs, es gibt ein paar Weiterentwicklungen, die das
Gefüge nicht fundamental verändern, die Schauspieler sind weiterhin solide.
Radikal in ihrer Ausrichtung wird The Big
Bang Theory wohl nie mehr werden, aber das verlangt augenscheinlich auch
niemand, auch wenn weniger Füller-Episoden schön wären. So bewegt sich die
Serie weiter, unterhält gut und tut nicht mehr, aber auch nicht weniger. Am
amüsantesten sind aber inzwischen oftmals die Diskussionen von Nerds außerhalb
der Serie, die argumentieren, TBBT
wäre eine Art „blackfacing für Geeks“. Augenscheinlich mag es auch der moderne
Nerd nicht, mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten, und seien sie Teil der
Vergangenheit (sorry, aber ich habe genug Leute im echten Leben getroffen, die
den in der Serie aufgenommenen Klischees entsprachen – und da schließe ich mich
selbst explizit nicht aus), konfrontiert zu werden. Ich wünsche mir etwas mehr
Selbstironie im Umgang mit der Serie.
3/4
GAME
OF THRONES (Staffel 4)
Game of Thrones ist ein bisschen wie The Big Bang Theory, was die Konsistenz
anbelangt: man weiß, dass man gute Unterhaltung geboten bekommt. Hier kommt
noch ein Produktionsstandard hinzu, der immer wieder atemberaubend ist. Und
dennoch, nach drei sehr guten Seasons hat sich Game of Thrones etwas zu sehr in seiner Welt eingerichtet und
präsentiert erwartbares. Man kennt inzwischen die Gewalt, den Sex, die epische
Breite und die Intrigen. Dass im Grunde genommen in manchen Handlungssträngen
in zehn Stunden bemerkenswert wenig passiert – auch das ist man gewillt zu
verzeihen, weil selbst das Wenige spannend erzählt wird. Dennoch schleicht sich
ein Wiederholungsgefühl ein und dass die Serie so etwas wie Vergewaltigungen
inzwischen als bloßes Stilmittel einsetzt, dass zudem konsequenzlos bleibt, ist
ziemlich ärgerlich. Immerhin ist es wieder ein Fest, Tyrion bei seinen Plänen
und dem sich-aus-Situation-herauswinden zuzusehen und die Stürmung der Eiswand
ist eine so beeindruckende Actionsequenz, dass man sich wieder einmal daran
erinnern muss, dass dies nicht mehr das Fernsehen aus Knight Rider-Zeiten ist. Game
of Thrones ist immer noch sehenswert, aber die Serie läuft langsam Gefahr,
von dem Erfolg so beschwipst zu sein, dass sie sich nur noch auf sicheren
Bänken auszuruhen beginnt. Das wäre auf Dauer für eine Saga, in der so ziemlich
alles an menschlichen und politischen Abgründen verhandelt werden kann, dann
doch zu wenig.
3/4
GILMORE
GIRLS (Komplette Serie)
Nach Jahren des
immer nur einzelne Episoden sehens habe ich es nun endlich geschafft, alle
sieben Staffeln hintereinander in korrekter Reihenfolge zu goutieren. Und was
soll ich sagen: Gilmore Girls ist
eine hervorragende Wohlfühl-Serie, die selbstredend niemals „gritty“ oder
„edgy“ ist, den Zuschauer aber auch nicht komplett in einen Frottee-Kokon
einwebt. Denn hinter den menschelnden Dramen von Charakteren, die einem in
beeindruckend kurzer Zeit ans Herz wachsen, verbirgt sich auch ein Kampf des
Individualismus gegen einen uniformen Konsumismus. Geld ist in der Welt von Gilmore Girls eine Art McGuffin, der
immer wieder dann aus dem Hut gezaubert wird, wenn nichts anderes mehr hilft.
Lorelai benutzt ihre Eltern in diesem Sinne immer wieder, keine Frage, aber sie
als die meistens gutmütigen Gesichter einer effizienten Gewinnsteigerung wollen
es oft auch nicht anders, ja bieten es von sich aus an. Doch gerade die erste
Staffel hat den Widerspruch zum Thema, dass sich nicht Korrumpieren wollen. Die
Individualisten Rory und Lorelai wollen sich ihre Identitäten nicht durch die
gesichtslosen Geldberge nehmen lassen, die ambivalent immer wieder an sie
herangetragen werden. Die Kompromisse, die sie eingehen müssen werden dementsprechend
immer auf die Vereinbarkeit mit ihren Persönlichkeiten abgeklopft. Viel von dem
Drama, dass die Serie so interessant macht, generiert sich aus diesem ewig
schwellenden Kampf und es ist kein Wunder, dass die Serie dann am
unangenehmsten wird, wenn diese Auseinandersetzung zu Gunsten des Geldes zu
kippen scheint. Rorys Einzug ins Poolhaus etwa oder weite Teile der insgesamt
schwachen siebten Staffel, in der sich die vermeintliche Kapitulation Lorelais
auch auf die so wichtige emotionale Ebene ausdehnt – Christopher bleibt die
ganze Serie über eher Eindringling, schon allein, weil er als unentschlossener
Wanderer zwischen den Polen der Gilmore-Welt gezeichnet wird. In dieser
Hinsicht ist auch Luke interessant, weil er ganz nebenbei dem romantic comedy-Klischee vom Mann, der
durch die Frau komplett geändert werden muss, eine sanfte Abfuhr erteilt. Luke
wächst mit seinen Aufgaben, keine Frage (die Serie und ihre Figuren sind keine
starren Gebilde), aber er verbiegt sich nicht bis zur Unkenntlichkeit. Diese
Verlässlichkeit ist wichtig, sowohl für die manchmal wankelmütige Lorelai als
auch die Fabrikation der Serienwelt. Hinzu kommt das Coming-of-Age-Element,
wenn man Rory beim Erwachsenwerden zusieht und allen Hoch und Tiefs, die dies
mit sich bringt. Was man hier als Schwäche ansehen kann, ist die Tatsache, dass
Rory trotz aller Konflikte immer etwas zu perfekt wirkt, selbst in ihren
Niederlagen. Und dennoch ist die sich über bemerkenswert viele Folgen
hinziehende Trennung von Mutter und Tochter (wieder das Stichwort Poolhaus)
unfassbar anstrengend, weil man zwar um die Fragilität von intrafamiliären
Beziehungen weiß, aber dennoch mitgenommen wird, wenn sie in einer Serie wie Gilmore Girls so offen zu Tage treten.
Über den Rest
muss man kaum noch weitere Worte verlieren, denn es wurde bereits so viel
gesagt. Die Schauspieler sind großartig und die Dialoge sind teilweise
unglaublich – wären sie Kekse, man würde ständig eine beachtliche Menge von
ihnen konsumieren. Die Serie nimmt sich Zeit für die Plots und der Ort der
Handlung, Stars Hollow, schämt sich niemals, direkt aus einem vom Weltschmerz
getriebenen Geist entsprungen zu sein, der sich einen nahezu perfekten
Rückzugsort zusammenphantasiert. Zyniker nennen so etwas wohl blauäugigen
Eskapismus, was soll’s? Gilmore Girls
ist eine Serie mit dem sprichwörtlichen Suchtfaktor, ein bittersüßes
Konglomerat aus allem, was gute Unterhaltung von genügsamer unterscheidet.
Komplette Serie: 3.5/4 (bei Einzelaugstellung: beste
Staffel: Nummer 1, schwächste Staffel: Nummer 7)
KOMMISSARIN
LUND (Komplette Serie)
(ACHTUNG! Der Text enthält Spoiler zum Serienende)
Was der ARD an
eigenproduzierten Krimis gebricht (machen wir uns nichts vor, der Tatort ist meistens eine reichlich
langweilige Angelegenheit), wertet das ZDF durch skandinavische Ko-Produktionen
auf. Die neben Borgen – Gefährliche
Seilschaften (ja, auch bei mir noch auf der Watchlist) immer wieder als
Beispiel für nordisches Qualitätsfernsehen herangezogenen Serie Kommissarin Lund springt da quasi
zwangsläufig ins Gedächtnis. Die drei Staffeln über die wortkarge Ermittlerin
Sara Lund, deren Akribie und Besessenheit immer wieder mit ihren zunehmend
verzweifelteren Versuchen, einen wirklichen Draht zu ihrer Familie zu
entwickeln, kollidieren, sind handwerklich düstere Krimikost, wie sie in
Deutschland nur selten in dieser Konsequenz produziert wird. Inhaltlich sind
sie allerdings von recht unterschiedlicher Qualität, was zumindest für mich das
universelle Lob nicht ganz nachvollziehbar macht. Aber der Reihe nach: die
erste Staffel ist hervorragend – spannend, involvierend, trotz der stolzen
Laufzeit von fast zwei Stunden pro Folge (und 10 Episoden) nie langweilig,
strauchelt sie nur am Ende etwas, indem sie ein etwas forciertes und auch nicht
in allen Punkten nachvollziehbares Finale fabriziert, dass die ansonsten sehr
gelungene Auseinandersetzung mit Trauer, Wut und Polizeiarbeit unterwandert. So
schmälern leider die entscheidenden 10 Minuten am Schluss etwas den positiven
Gesamteindruck, ansonsten ist die erste Staffel aber emotional so mitreißend
und so clever geschrieben, dass man sich mehr davon wünscht.
Dieser Wunsch
wird mit Staffel 2 leider nicht erfüllt. Zwar ist der zweite Anlauf um die
Hälfte kürzer als Staffel 1, er fühlt sich aber um einiges länger an, weil –
ich muss es einfach sagen – Lund
diesmal schlicht langatmig, langweilig und vorhersehbar daherkommt. Die
Stilelemente aus dem Auftakt werden brav nach Malen-nach-Zahlen-Manier wieder
eingesetzt, allein der Funke will nicht erneut überspringen. Die zweite Staffel
Kommissarin Lund ist eine Qual und ich war froh, als sie endlich vorbei war.
Glücklicherweise
rappelt sich die finale Season wieder auf und lässt zwar verständlicherweise
den dramaturgischen Überraschungseffekt des Beginns vermissen, ist aber wieder
knackig inszeniert und nicht ohne interessante Twists. Staffel Drei ist wieder
mehr so, wie man sich Krimis wünscht und weniger, wie man sie mit Blick auf
Staffel Zwei fürchtet. Leider beendet man die Serie mit einem vollkommenden
out-of-charakter-Moment für Lund, der zwar vielfältig interpretiert werden kann
(hängt sie beispielsweise kaltblütig ihrem Kollegen etwas an und fliegt gen
Kopenhagen anstatt ins Exil?), der aber auch keinen Abschluss für die Figur
bedeutet, denn natürlich liebäugelt man auch mit der offensichtlichsten
Interpretation und lässt Sara als letztendliche Versagerin dastehen, die es
wieder – womöglich für immer – nicht geschafft hat, ihr Leben endlich auf die
Reihe zu bekommen. Egal, wie man aus der Serie hinausgeht, Lund kommt nicht
allzu gut dabei weg. Man wird das Gefühl nicht los, dass das skandinavische
Klischee, sich auch nur rudimentären Happy Ends zu verweigern, hier einer
zumindest versöhnlichen Note im Weg steht. Lund ist zu kaputt, um alles nach
all den Jahren plötzlich richtig zu machen, aber etwas mehr Liebe zur Protagonistin
hätte dem Finale schon gut getan. Immerhin ist Staffel Drei wieder einmal
vorzüglich gespielt und durchgängig spannend.
Kommissarin Lund – besser als so
ziemlich alle Tatort-Folgen, die ich bisher gesehen habe, nicht ganz so
hervorragend, wie sie manchmal gehypt wurde, und trotz der schwankenden
Qualität eine Serie, der man auch als sonstiger Krimi-Verweigerer eine Chance
geben sollte. Zumindest Staffel Eins ist definitiv empfehlenswertes Fernsehen.
Staffel 1: 3/4
Staffel 2: 1.5/4
Staffel 3: 2.5/4
RECTIFY
(Staffel 1)
Ist das
Ausspielen von Medienformaten nicht herrlich dumm? Der Roman ist dem Comic
überlegen, das Drama der Science-Fiction, die TV-Serie dem Kinofilm oder vice
versa. Aus welcher Ecke auch immer, die Arroganz und Ignoranz warten schon darauf,
zuzuschlagen, denn, so sollte die Faustregel lauten, es gibt in allen Medien
viel Mittelmaß, aber eben auch echte Perlen, die entdeckt werden sollen (um
eine ausgelutschte Metapher zu bemühen). So ist es genauso falsch, Kinofilme
als das Nonplusultra der medialen Erzählweise hochzuhalten wie TV-Serie ob
ihrer (oftmals nur behaupteten) Komplexität ständig nur zu loben. Dieser Ansatz
ist der Unterschied zwischen medialen Trüffelschweinen und dumpfen Formatsnobismus.
Natürlich gibt es Serien, die eine dünne Geschichte über Gebühr in die Länge
ziehen (siehe Welcome to Sweden am
Ende dieses Protokolls), aber manche Geschichten scheinen geradezu
prädestiniert dafür zu sein, mit einem entspannteren TV-Rhythmus die volle
Tragweite der Geschichte entfalten zu können. Rectify ist so ein Beispiel, ein Serienkleinod, dass in einer
Episode mit wenigen Gesten mehr erzählen kann als ein ganzer Spielfilm. Upps,
Formatsnobismus, Verzeihung!
Wie dem auch sei,
die Geschichte von Daniel Holden, der lange Zeit wegen angeblichen Mordes im
Gefängnis saß und schließlich wegen neuer DANN-Beweise doch freikommt, gehört
serientechnisch zum Besten, was ich in letzter Zeit gesehen habe. Tolle Schauspieler,
ein ruhiger, aber dennoch immens involvierender Duktus, grandiose Kameraarbeit
und teils berauschende Bilder (in punkto Tableaus macht Rectify dem französischen The
Returned-Original Konkurrenz), verbunden mit Charakteren, für die sich
sowohl die Drehbücher als auch der Zuschauer Zeit nimmt/Zeit nehmen kann – Rectify ist eine Serie, die man mit
jeder Faser seines Körpers erlebt und die auf sehr viel beeindruckendere Weise
als beispielsweise The Walking Dead zeigt,
was Quality-TV bedeutet.
4/4
WELCOME
TO SWEDEN (Staffel 1)
Über Amy Poehler
kann ich nichts sagen, weil ich bisher keine ihrer Serien (nein, auch nicht Parks & Recreation) gesehen habe.
Wenn sie Talent hat, ist dies auf ihren Bruder Greg augenscheinlich nicht
übergegangen, denn seine Serie Welcome to
Sweden ist so freudlos, dass es mich immer noch erstaunt, die erste Staffel
komplett geschafft zu haben. Und das bei nur zehn Folgen á 20 Minuten! Auch
eine Leistung. Skandinavien und amerikanisches Fernsehen scheint keine allzu
gute Kombination zu sein, man erinnere sich nur an die enttäuschende zweite
Staffel Lilyhammer. Welcome to Sweden unterbietet diese
allerdings noch einmal. Die Geschichte eines Steuerberaters, der der Liebe
wegen nach Schweden zieht und dort mit der vorherrschenden Lebensweise
konfrontiert wird, leidet unter den unsympathischen Figuren, der lustlosen
Inszenierung, die selbst 20 Minuten wie eine Ewigkeit erscheinen lässt, und den
schwachen Drehbüchern, denn am Ende der zehn Folgen hat man eigentlich nur eine
besonders langweilige Romantic Comedy gesehen, inklusive dramaturgisch
forcierter Trennung. Greg Poehler zieht wirklich alle Klischeeregister, seine
Schwester absolviert ein paar Cameoauftritte, ein ABBA-Mitglied tritt auf, die
potenzielle explosive Freundschaft mit einem irakischen Einwanderer wird
herausgeschrieben, weil man die Konfrontation scheut – oder einfach zu faul
war, sich etwas auszudenken. Welcome to
Sweden ist dumpfe Comedy ohne Esprit und maximal ein guter Gag pro Episode
rechtfertigt noch lange nicht die restlichen 19 ½ Minuten, durch die man sich
dann pro Folge kämpfen muss. 200 Minuten ist diese erste Staffel lang – es
erscheint wie ein ganzes, vergeudetest Leben, dem man keine Fortsetzung
wünscht.
1/4