Dienstag, 1. Januar 2013

Nur eine weitere Jahres-Top-Liste

25 Filme aus einem Jahreszyklus zu sehen ist kein allzu guter Schnitt, um einen wirklich repräsentativen Überblick zu bekommen. Einige Filme spart man wissentlich ein (z.B. Battleship, The Dark Knight Rises, Der Hobbit), für andere fehlte schlicht die Zeit, auch wenn ihre Chancen auf ein lohnendes Filmerlebnis durchaus als hoch einzustufen wären (Ruby Sparks - Meine fabelhafte Freundin, Die Wand, Liebe, Die Wohnung) und müssen nachgeholt werden. Darum sollte die beiden folgenden Listen auf keinen Fall anders als gnadenlos subjektiv eingestuft werden. Sie setzten sich aus 24 Filmen des Jahres 2012 zusammen, die ich gesehen habe. Wer einen ähnlichen Filmgeschmack wie ich hat, der mag daraus seine Schlüsse ziehen, alle anderen können den Kopf über so viel Blödsinn schütteln. Es ist ganz bei euch. Aber was wäre der Jahreswechsel ohne solche Listen?

Die 5 größten Enttäuschungen des Kinojahres

Es sei gleich gesagt: Wirklich richtig schlecht ist keiner dieser Filme, jeder birgt auch gute, mitunter sogar grandiose Momente, in sich. Als Ganzes betrachtet haben sie mich aber enttäuscht.

Platz 5) Extrem laut und unglaublich nah
Dies ist einer jener Filme, die etwas zu sehr auf den Oscar schielen als es ihnen gut tut. Solide Schauspieler, etwas krude Story, angereichert mit wirklich guten Einfällen und Figuren ist der Film als Ganzes etwas zu bemüht in einer Ernsthaftigkeit und seinem Verständnis von anspruchsvollem Kino. Durchaus sehenswert, aber letztlich zu manipulativ und von Hollywood durchkomponiert, um den großen gewünschten Effekt zu erzielen.

Platz 4) Ted
Vielleicht war es falsch, von Seth MacFarlane mehr zu erwarten als eine dümmliche Aneinanderreihung von Sex-, Ekel- und Popkulturwitzen, aber die Trailer ließen Ted durchaus lustig und in gewissen Maße innovativ aussehen. Die Prämisse bietet sehr viel interessantes Material, wirklich viel wird damit nicht gemacht. Mit Ausnahme des gelungenen Beginns ist Ted eher dumm als hip, mit furchtbaren Gags und gegen Ende erstaunlich mean spitited. Keine Empfehlung für diesen Teddy.

Platz 3) Der Lorax
Schreiend bunte, Augenkrebs verursachende Bilder, grauenhafte Songs, so gut wie keine guten Gags und da alles im Dienst einer guten Sache, die aber reichlich mit dem Holzhammer bearbeitet wurde. Der Lorax ist in meinen Augen der animierte Verlierer des Jahres.

Platz 2) Marvel's The Avengers
Normalerweise müsste man um diesen Film kein großes Getöße machen, denn seien wir ehrlich: sich endlos ausweitende Superhelden-Schlachten hatten wir inzwischen mehr als genug. Dumm nur, dass das Marketing für The Avengers uns die Mutter aller Schlachten versprochen hat, der Film in Endeffekt aber ein Sturm im Wasserglas war: Die Action war eher langeweilig, die erste halbe Stunde war eine filmische Katastrophe epischen Ausmaßes, die Charaktere eher nervig als heroisch. Zum Glück findet sich in der Top-Liste noch ein Beispiel, wie man auch einen guten Film mit Superhelden in Zeiten des Megablockbusters drehen kann...

Platz 1) Young Adult
Thank You For Smoking, Juno, Up In The Air - es schien, als könnte Regisseur Jason Reitman nichts falsch machen, im Gegenteil: seine Filme wurden besser und besser. Young Adult bricht diesen Trend mit einer so extremen Anti-Heldin, dass der Film seine beabsichtigten emotionalen Feedbacks verspielt (ein ähnliches Problem plagte auch The Social Network) und trotz einiger genialer Sequenzen (die Begegnung in der Buchhandlung etwa oder Mavis' sinnentleertes herumtippen auf Ihrem BlackBerry) ein indifferentes Gefühl zurückbleibt. Gar nicht tief in Young Adult sind die Zutaten zu einem hervorragenden Film verborgen. Reitmans Trüffelsinn lässt ihn hier dummerweise im Stich und dies ist wohl die größte Enttäuschung des Jahres.



Meine Top 6 des Kinojahres 2012
Auch hier gilt: Subjektivität in ihrer schönsten Form! Viel Spaß!

Platz 6) Ziemlich beste Freunde
Würde der Film nicht auf einer wahren Geschichte beruhen, man hätte ihn als unglaubwürdigen Sozialkitsch angetan. Aber nicht nur die Realität hilft ihm, auch seine weitestgehend auf manipulative Züge verzichtende Machart. Feel-Good-Movies müssen nicht automatisch anspruchslos und dumm sein. Ziemlich beste Freunde ist der Beweis dafür: Ein wirklich hervorragendes Feel-Good-Movie.

Platz 5) Shame
Ein Film ohne wirkliche Handlung, ohne Kartharsis, ohne Helden, eine traumwandlerische Reise in die Welt der nicht Substanz abhängigen Süchte. Michael Fassbenders Portrait eines Sexsüchtigen ist grandios, was er selbst mit kleinsten Gesten transportiert beeindruckend. Kein einfacher, kein erfreulicher Film, aber einer, der unter die Haut geht und dort bleibt.

Platz 4) Chronicle - Wozu bist du fähig?
Wenn The Avengers das Superheldengenre als Abrissbirne begreift, dann sieht es Chronicle als filigranes Werkzeug, um von Ängsten, Druck, Verantwortung und schöner neuer Medienwelt zu erzählen. Gleichzeitig eine Abhandlung über die sich minütlich vermehrende Flut von Medienbildern und eine Geschichte über Menschen mit Superhelden-Fähigkeiten, webt der Film auch noch teenage angst und Sozialkommentar ein und verquirlt das Ganze zu einem intensiven Ganzen. Chronicle ist ein Film, der nicht nur das Found Footage-Stilmittel á la Blair Witch Project intelligent einzusetzen weiß, sondern dem man auch massenhaft Zuschauer wünscht.

Platz 3) Prometheus - Dunkle Zeichen
Grandioser Science-Fiction-Film, die Erste. Ridley Scotts erster Teil der Alien-Prequels ist nicht nur intelligent und unterhaltsam, sondern auch ein sinnliches Fest. Hervorragende Effekte, sinnvoll eingesetztes 3D und gewohnt beeindruckendes Production Design. Scotts Universum mag nicht so froh wie das von Star Trek sein, aber dafür ist es auch gehaltvoller.

Platz 2) Looper
Grandioser Science-Fiction-Film, die Zweite. Endlich wurde das Zeitreisethema mal wieder ernsthaft und durchdacht behandelt und dann hält es sich auch noch so dezent im Hintergrund, dass sich die emotionalen Aspekte des starken Drehbuchs entfalten können. Looper ist intelligent, ernsthaft, durchdacht und auf jeder Ebene ein Meisterwerk für sich.

Platz 1) ParaNorman
Vielleicht ist es berufsbedingt, aber ParaNorman ist ein wirklich beeindruckender Film und mein Favorit 2012. Technisch absolut makellos, mit zum heulen schöner Animation und einer augenzwinkerndernden Story ist der Film zudem emotional glaubwürdig, mitreißend und schlicht so unterhaltsam, dass der Abspann viel, viel zu früh einsetzt. Man kann und möchte sich in dieser perfekten Welt verlieren, länger als die knapp 90 Minuten Spielzeit. ParaNorman ist ein Must-See nicht nur für Animationsfreunde, sondern für Fans der Kunstform Spielfilm allgemein. Eine in jeder Hinsicht beeindruckend gelungene Leistung.