BLACK
MIRROR (Staffel 1 & 2)
Je mehr ich von
ihnen sehe, umso mehr gefallen mir Anthologieserien. Sie kommen nie in den
Verdacht, eine behagliche Kuschelatmosphäre des Bekannten zu verströmen, weil
sie in jeder Folge etwas Neues bieten. Und meine Güte, wie sehr fordert die
britische Serie Black Mirror den
Zuschauer jedes Mal aufs Neue. Gerade einmal sechs Folgen umfassen die bisher
existierenden zwei Staffeln der Serie (plus einem Weihnachtsspecial) und sie
bieten genug Denkstoff für Tage. Die Serie ist auf eine Art bösartig, die nie
plakativ wirkt, in der Analyse wird sie oft sogar noch grauenvoller, als die
erste Ebene suggerieren mag. Wer ihr Technikfeindlichkeit vorwirft, weil sie
sich mit den negativen Auswirkungen moderner (und weitergedachten) Technologien
beschäftigt, tut ihr Unrecht und verharrt an der Oberfläche. Black Mirror ist schlicht grandios. Zu
viel über die Plots zu verraten, wäre ein Frevel, darum sei jedem nur ans Herz
gelegt, sich in den Sog der dramaturgisch durchweg cleveren Episoden zu
begeben. Selbst die schwächste Folge Black
Mirror ist gehaltvoller als vieles andere, was man in punkto Fernsehserien
allgemein geboten bekommt.
3.5/4
DR.
HOUSE (Staffel 1-6)
Nach Jahren von
sporadischen Episodenschnipseln wird nun auch diese Kultserie chronologisch
nachgeholt und was soll man sagen: Dr.
House ist feinste Unterhaltung, die dramaturgisch zwar erst mit der dritten
Staffel in Fahrt kommt und das bis dahin etablierte Schema aufzubrechen
beginnt, das Interesse aber kontinuierlich dank der gut geschriebenen Figuren
wachhält. House ist das eloquente Ekel, dass jeder manchmal gerne sein möchte
und die menschlichen Gegenparts in Form von Dr. Cuddy, Dr. Wilson und House‘
Team reiben sich mitunter auf so spektakuläre Weise aneinander, dass es eine
wahre Freude ist, zuzusehen. Die seltenen Krankheiten und Verläufe sind
(augenscheinlich) sehr gut recherchiert und bestärken den Zuschauer wieder
einmal darin, dass der menschliche Körper der Feind Nummer Eins ist. Dr. House ist ein Musterbeispiel für
eine Serie, die sich leicht konsumieren, dabei aber clevere Drehbücher nicht
außer Acht lässt. So funktioniert sie auf mehreren Ebenen und auch das ist ein
Gewinn. Und gerade dank des großartigen Hugh Lauries kann man den Kult auch
sehr gut nachvollziehen.
3/4 (beste Staffeln: 3 und 4, No. 6 ist
aufgrund des Beginns die bisher schwächste, macht das aber durch ein sehr gutes
Finale wieder wett)
GRACE
& FRANKIE (Staffel 1)
Zwei Ehemänner,
erfolgreiche Anwälte, eröffnen ihren langjährigen Ehefrauen, dass sie seit 20
Jahren eine Affäre miteinander haben, sie verlassen und endlich als
homosexuelles Paar zusammenleben wollen. Die Prämisse könnte der Aufhänger für
ein Drama sein, diese Netlix-Serie nimmt aber den Weg Comedy. Bestenfalls geht
das Ganze noch als Dramedy durch, in der weder das eine, noch das andere
Element sonderlich zufriedenstellend ausgearbeitet wird. Es gibt zwar einige
genuin lustige Momente und gerade das Staffelfinale weist den Weg zu einer
wahrlich dramatischen Konfrontation mehrerer Charaktere, aber Grace & Frankie ist insgesamt etwas
unentschlossen. Uneindeutigkeit ist nicht per se schlecht, aber hier finden die
zwei Elemente nie wirklich zusammen. Anders als anderen Serien in diesem
Protokoll gelingt die Genre-Durchlässigkeit kaum. Hinzu kommt die mangelnde
Chemie zwischen den beiden männlichen Protagonisten, was den Aufhänger der
gesamten Sache auf ziemlich wackligen Füßen stehen lässt. Insgesamt okay, aber
mit Potenzial zu mehr.
2.5/4
iZOMBIE (Staffel 1)
Oberflächlich
betrachtet sollte iZombie nicht so
gut sein, wie die Serie de facto daherkommt. Eine Ermittlerin mit besonderen
Fähigkeiten, die so teilweise groteske Todesfälle aufklärt – innovativ ist das
nicht, auch wenn die Protagonistin ein Zombie ist und durch das Verspeisen von
menschlichen Gehirnen einen Teil der Erinnerungen der Toten aufnimmt, um durch
die so entstehenden Visionen zur Aufklärung von Mordfällen beizutragen. Wie
praktisch so ein Doppelleben als Angestellte in der Polizeipathologie doch ist.
Doch iZombie, eine Comicverfilmung,
die viele der aufwendigeren und seltsamen Elemente der Vorlage zugunsten der
Kernprämisse außer Acht lässt, ist eine höchst unterhaltsame Serie.
Protagonistin Liz ist wie die anderen Figuren sehr sympathisch, die Übernahme
von Charaktereigenschaften der Toten, deren Hirne sie isst, immer wieder
kreativ und dank der übergreifenden Handlungsstränge erstarrt iZombie auch nicht in Routine. Spannend,
witzig, mit viel Liebe geschrieben und mit einem ganz eigenen Charme in der
Gestaltung ist dies Unterhaltung in reinster Form. iZombie will gar keine Berge versetzen und genau da liegt die
Stärke der Serie.
3/4
THE
LAST MAN ON EARTH (Staffel 1
& 2)
Eine Serie über
den letzten Mann auf Erden – wie soll so etwas funktionieren? Ganz einfach,
indem er nicht der Letzte ist. Die mit der ersten Vorschau versprochene
Prämisse, Will Forte bei allerlei skurrilen Aktivitäten auf einem
menschenleeren Planeten zuzusehen, wird gleich mit der ersten Folge über Bord
geworfen. Nachdem ein Virus so gut wie die komplette Weltbevölkerung
dahingerafft hat, trifft der Protagonist Phil Miller schnell auf weitere
Überlebende, und wie es sich für eine selbsternannte Comedy gehört, hangelt man
sich dann von grotesker Situation zu Situation. Das klingt schlimmer, als es im
Endeffekt ist und auch wenn man Phil in der ersten Staffel mehr als einmal an
die Wand klatschen möchte, zeigt die Serie doch sehr schnell und sehr deutlich,
dass sie ein genuines Interesse an menschlichen Beziehungen hat. Vieles ist
selbstredend überspitzt, aber The Last
Man On Earth zieht seine Attraktivität vor allem aus dem genauen Beobachten
von zwischenmenschlicher Interaktion. Mit dem Beginn der deutlich besseren
zweiten Staffel hat die Serie ihre Mitte gefunden, die Beziehungen der Figuren
untereinander werden dynamischer, vor allem die zwischen Phil und Carol wird
vom Störfaktor zum genuinen fluff. The Last Man on Earth ist spannend, ohne
eine Thrillerserie zu sein, witzig, ohne sich allen Statuten gerade der
US-Genrespielweise zu beugen, nachdenklich, ohne dass sie ins melodramatische
absinkt. Es ist eine Serie, die geschickt und vor allem sehr unterhaltsam
zwischen den Genres laviert. Auf Phil Miller und seine Mitstreiter sollte man
auch weiterhin ein Auge haben.
Staffel 1: 3/4
Staffel 2: 3.5/4
MARVEL’S
AGENTS OF S.H.I.E.L.D. (Staffel
1)
Der Backlash für
den zweiten Avengers-Film hat es
bereits gezeigt: MARVEL ist selbst bei den interessierten Nerds nicht mehr der
über alles erhabene Platzhirsch. Ganz davon ab, dass das Universum mit jedem
neuen Film dem Schicksal der Comics näher kommt, zu einem irgendwann nicht mehr
überschaubaren und letztlich auch belanglosen Konglomerat zu werden. Und jetzt
auch noch TV-Serien, die innerhalb der Kontinuität spielen!
Agents of S.H.I.E.L.D. ist denn auch
eine leidlich unterhaltsame Angelegenheit, die eher wie eine 90er-Jahre-Serie
wirkt. Die Missionen sind meist austauschbar, die Figuren durch ihre stereotype
Besetzung ebenso und visuell ist die Serie nur in wenigen Momenten wirklich
einfallsreich. Colsons Hirn-OP ist zwar der Stoff, aus dem Alpträume gestrickt
sind, aber dies gehört zu den wenigen wirklichen Highlights der Staffel.
Leidlich unterhaltsam ist das Ganze ja durchaus, aber Agents of S.H.I.E.L.D. beweist auch im Kleinen, dass der Name
MARVEL nicht zwangsläufig ein Erfolgsgarant ist. Wenn sich die Serie mit
Staffel 2 nicht radikal aus ihrer genügsamen Ecke bewegt, sehe ich eher
schwarz.
2.5/4
UNBREAKABLE
KIMMY SCHMIDT (Staffel 1)
Bemüht ist wohl
das Wort, das am ehesten diese Netflix-Comedy beschreibt. Die überdrehte
Geschichte einer jungen Frau, die jahrelang von einem seltsamen Sektenführer in
einem unterirdischen Bunker im Glaube gelassen wurde, die Erde sei
untergegangen und schließlich gerettet wird, um sich den Widrigkeiten der
Moderne gegenüberzusehen, hätte auch der Stoff für ein Drama sein können. Aber
da man aus Unbreakable Kimmy Schmidt
nicht einmal eine Dramedy, sondern einfach eine Sitcom entstehen ließ,
verbieten sich natürlich alle düsteren Implikationen, die die Prämisse bei
genauerem Hinsehen mit sich bringt. Stattdessen folgt man der naiven Kimmy bei
ihren Gehversuchen in New York, dabei, wie sie neue Freunde und einen Job
findet und ganz, ganz am Rande auch, wie sie über die Welt staunt, die sich
während ihrer „Abwesenheit“ entwickelt hat. Denn am Clash zwischen Kimmy und
der Gegenwart hat die Serie paradoxerweise kaum Interesse. Stattdessen wird die
reichlich enervierend geschriebene Figur in die gängigen Sitcom-Situationen
gebracht, die sie mit ihrem fast schon abartig positiven Wesen durchstehen
muss. Das ist meistens weder besonders witzig noch besonders clever. Erst am
Ende, wenn die Serie zu einer brillanten Satire auf das US-amerikanische
Justizsystem wird, beginnt sich echter Elan und echtes Interesse zu entfalten. Ansonsten
ist diese Comedy eher vergessenswert und wenn nicht einige Stellschrauben
kräftig korrigiert werden, sieht es für das Gelingen einer zweiten Staffel
düster aus. Das Beste, was letztlich aus Unbreakable
Kimmy Schmidt hervorgegangen ist, ist der Theme Song-Mashup mit Mad Max: Fury Road. Hm.
2/4
THE
WALKING DEAD (Staffel 5)
Inzwischen bin
ich in punkto The Walking Dead beim
vergnüglichen Hatewatching angekommen. Während der Comic sich aus seinen Tiefs
immer wieder fängt und seine Charaktere weitestgehend fair behandelt, ist die
Serie inzwischen bei hochwertig produzierter, gepflegter Langeweile angekommen.
In Retrospektive war ich wohl auch zu der vorherigen Staffel noch zu milde. Wie
dem auch sei, Staffel Fünf ist ein heilloses, lustlos herunter gespultes
Durcheinander von Handlungssträngen und einer Gleichgültigkeit gegenüber den
Figuren, die bemerkenswert ist. Die Staffel hetzt unfokussiert von einer
Location zur Nächsten, lässt das Potenzial der bemerkenswert bekloppten
Einrichtung Terminus verpuffen, weiß nichts mit dem Krankenhaus anzufangen und
transportiert die Figuren dann plötzlich fast 700 Meilen von Atlanta nach
Washington D.C., was in der Serie als ein Fußmarsch von 100 Meilen
heruntergespielt wird (dies ist angesichts der immer gleichen Ansichten der
immer gleichen fünf Quadratmeter Wald allerdings auch egal – die „Bühnen“ sind
in der Serie inzwischen frustrierend austauschbar geworden). Es wirkt viel zu
oft so, als hätten die Macher inzwischen jeglichen Elan dran gegeben, egal was
sie tun, die Serie wird ohnehin geschaut. Einzig der neue Charakter Gabriel hat
seine Übertragung von einem Medium ins nächste sehr gut überstanden und die
Sequenz in der Scheune, als Zombies während eines Gewitters versuchen, sich
Zutritt zu verschaffen, ist das einsame Highlight der Staffel. Ansonsten ist The Walking Dead wieder bei seiner Angst
vor schwarzen Männern angekommen (allein drei sterben in dieser Saison, alle
intelligenter und interessanter als Rick, dem Andrew Lincoln zunehmend nicht
mehr gerecht wird) und metzelt auch sonst Charaktere nur noch wegen des
„Schockeffektes“ dahin. Ist ja auch egal, wie viel in Gareth als Antagonist
steckte, der Zuschauer dürstet danach, ihn grausam sterben zu sehen. Gähn.
Es wird immer
mehr gewahr, wie sehr The Walking Dead
als Serie dahin strauchelt. Die Hoffnung aus Staffel Eins ist schon lange einer
Ernüchterung gewichen, die der redundanten Zombiesaga im Kern ihres Wesens
nicht würdig ist. Und diesmal gibt es nichts, was auf eine bessere nächste
Staffel hoffen lässt.
2/4
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