Mittwoch, 8. Mai 2013

Ray Rules!






In meinem Abschlussfilm Der Schrottplatz habe ich an der Wand, die vom Postboten zu Beginn passiert wird, einen Insidergag versteckt. Auf der Wand steht „Ray Rules!“ geschrieben. Die nicht-Stop-Motion-affinen Zuschauer werden es wohl nicht bemerken, aber vielleicht hat es der ein oder andere aus dem anderen Lager verstanden: dies war eine kleine Hommage an Ray Harryhausen, jenem Stop-Motion-Genie, dessen Werk A Century of Stop Motion Animation mir bei der Arbeit an meinem Film half und dessen Arbeit auch heute noch zu den beeindruckensten Dingen gehört, die man im Film sehen kann. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an den ikonenhaften Kampf zwischen Mensch und Skelett in Jason und die Argonauten? Oder die sinistre Erscheinung der Medusa in Kampf der Titanen? Und wie leb- und lieblos wirkte das Remake von letzterem Film gegenüber dem Original von 1981.







Das einzige, dass man Harryhausen vorwerfen könnte: er war zu gut. Hand aufs Herz: wer interessierte sich in den Filmen, an denen er mitwirkte, denn wirklich für die menschlichen Protagonisten? Natürlich, sie mussten gegen Rays Monster kämpfen und als Sieger hervorgehen, aber unsere Sympathie lag immer bei den Kreaturen.

Mit Ray Harryhausen hat die Welt eine weitere große Figur verloren. Man könnte sagen, 92 ist auch kein Alter für jemanden, der derartig zeitlose Dinge auf die Leinwand zauberte. 
Danke für die Wunder, Ray, und danke für die endlose Inspiration, die du mir und vielen, vielen anderen Creature Feature-Fans gegeben hast. „I'll take clay skeletons over Jar-Jar any day“, schreibt eine Kommentatorin unter den Nachruf bei IMDB. Mehr muss kaum gesagt werden.

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Nachruf auf Inside Movies

Donnerstag, 2. Mai 2013

Vergessene Medienperlen: Alien Nation



Alien Nation könnte man auch „Das Konzept, dass nicht sterben wollte“ nennen. Angefangen hat alles 1988 mit einem Kinofilm, der in Deutschland unter dem zeitlosen Titel Spacecop L.A. 1991 veröffentlicht wurde.
Die Prämisse ist großartig: ein Raumschiff mit 250.000 Außerirdischen strandet auf der Erde und ist danach funktionsuntüchtig. Die Aliens sind keine unförmigen Schleimwesen, sondern äußerlich recht menschenähnlich und werden in die irdische (sprich: US-amerikanische) Gesellschaft eingegliedert. Doch das Zusammenleben zwischen Menschen und den Tenctonen, den sogenannten Newcomern, gestaltet sich oftmals als nicht wirklich frei von Vorurteilen.



So weit, so gut. Dumm nur, dass der Film lieber auf der hard boiled Actionwelle der 1980er Jahre mitsurfen wollte und aus der Ausgangssituation sehr wenig machte. Als Beweisstück A lege ich mal den originalen Trailer vor. RoboCop und Co. lassen grüßen.



So fiel der Film dann auch bei der Kritik durch. Momentan hält er 56% auf Rottentomatoes und die Zusammenfassung bringt es ganz gut auf den Punkt:
„Alien Nation takes the interesting premise of extraterrestrials living among us and doesn't do enough with it, emphasizing a police procedural plotline over the more intriguing sci-fi elements.“[1]

Nun könnte das Kapitel Alien Nation ganz schnell wieder geschlossen werden, wenn nicht irgendjemand das Potenzial der zugrundeliegenden Idee erkannt hätte. Kenneth Johnson, der bereits den unglaublichen Hulk und V – Die außerirdischen Besucher kommen auf die Fernsehbildschirme gebracht hatte, wurde angefragt und so entwickelte er Alien Nation – Die Serie, die 1989 in den USA auf Sendung ging.
Da das Geld beim Fernsehen nicht so üppig vorhanden ist wie bei prestigeträchtigen Kinofilmen waren aufwendige Actionplots von vornherein passé (der einzige Versuch in diese Richtung, Folge 5, The Takeover, ist dann auch einer der Tiefpunkte der Serie) und man konnte sich eher auf den sozialen Aspekt konzentrieren und natürlich auf die wachsende Freundschaft zwischen dem menschlichen Polizisten Matthew Sikes und seinem Newcomer-Partner George Francisco. Und siehe da, das Unterfangen wurde ein Erfolg. Alien Nation macht beinahe sofort süchtig nach mehr, was neben den hervorragenden Darstellern vor allem den großartigen Drehbüchern geschuldet ist. Beispielsweise gibt es gleich im Pilotfilm eine Szene, die das immer wieder zu lösende Dilemma gut illustriert. Dazu sollte man noch wissen, dass die Tenctonen als Sklaven gezüchtet wurden und auf der Erde erstmals Bürgerrechte bekommen. Und Menschen wären nicht Menschen, wenn sich nicht auch eine rechte Opposition, hier „Puristen“ geannt, formieren würde.


Wer nun meint, Alien Nation würde ein einseitiges Bild vom guten Alien und bösem Menschen zeichnen, sieht sich getäuscht. Nicht nur sehen wir menschliche „Puristen“ jeglicher Ethnie in der Serie, auch auf der tenctonischen Seite gibt es Ablehnung, Hass und Bigotterie. Alien Nation erlaubt sich, differenziert zu sein und wahrscheinlich ist es gerade dieses Element, das die Serie so interessant macht. Neben den unterhaltsamen Kriminalfällen lernen wir fast jedes Mal nicht nur etwas über die außerirdische Gesellschaft, sondern auch über den Status unserer eigenen. 

So schenkte FOX der Welt 22 meistens großartige Folgen einer wahrlich ungewöhnlichen Serie, die mit den Bildern einer Alien-Geburt ein kleines bisschen Fernsehgeschichte geschrieben hat – schon allein durch die Tatsache, dass ein männlich kodifizierter Newcomer, unser Protagonist George, das Baby zur Welt bringt. Ein Fest für jeden Gender Studies-Interessierten.


Schließlich leistete man sich etwas, dass in jenen Fernsehtagen nicht Gang und Gebe war: einen Cliffhanger. Die letzte Episode der ersten Staffel machte unglaublich viele Fässer auf, am Ende stand das Überleben der gesamten Spezies der Newcomer auf dem Spiel.



Und dann kam die Absetzung.

Trotz guter Quoten konnte und wollte FOX die Serie aus finanziellen Gründen nicht weiterführen und trug so eins der besten SF-TV-Konzepte aller Zeiten zu Grabe. Doch man hatte nicht mit den Fans gerechnet, die ihre Serie verständlicherweise liebten und zumindest um eine Auflösung des Cliffhangers baten. Dies geschah in Form von Romanen und Comics, bis man vier Jahre nach der letzten Episode und einem Managementwechsel bei FOX Sikes und Francisco samt Familie wieder auf dem Bildschirm bewundern konnte: der TV-Film Dark Horizon wurde ausgestrahlt. Die wichtigsten (nicht alle) losen Enden aus der Serie wurden zu Ende gebracht und die gesamte Besetzung war wieder in ihren angestammten Rollen zu sehen. Irritierend war nur, dass Lauren Woodland, die Georges Tochter Emily spielt, in der Zeit zwischen 1990 und 1994 natürlich erheblich gewachsen war…

Sieht man den ersten TV-Film zeitnah nach dem Genuss der Serie halten sich Enttäuschung und Freude die Waage. Letzteres, weil man überhaupt wieder in die Welt der Tenctonen zurückkehren kann, Ersteres weil Dark Horizons im Vergleich zur Serie deutlich abfällt. Man spürt, dass der Plot, der hier in 90 Minuten durchgespielt wird, in Wirklichkeit für mindestens eine halbe Staffel Stoff geboten hätte. Dementsprechend schnell ist manches zu Ende, während anderes gar nicht erst wieder aufgenommen wird (Bucks Liebe zu einer Menschenfrau beispielsweise). Und wieder andere Elemente verschwinden einfach – Georges zweite Tochter Vessna wird zunehmend in den Hintergrund und schließlich ganz heraus geschrieben. 

Nach Dark Horizons folgten vier weitere TV-Filme recht unterschiedlicher Qualität: Body and Soul, Millenium, The Enemy Within und The Udara-Legacy. Es gab altbackende Horrorplots, sinnvolle Fortsetzungen von Serien-Prämissen und neue Charakteraspekte zu begutachten. Die großartige Terri Treas war während der Dreharbeiten vor allem zum letzten Film hochschwanger und wurde überdeutlich im Hintergrund gehalten und so konnte die Beziehung zwischen ihrer Figur und Sikes nicht zufriedenstellend zu Ende gebracht werden, über Vessna habe ich bereits geschrieben und Bucks soziale Entwicklung schien in den Filmen wieder rückwärts zu laufen. Trotzdem hat es etwas bittersüßes, The Udara-Legacy zu sehen, denn damit endete 1997 die Odyssee von Alien Nation endgültig. Man wird das Gefühl nicht los, dass dem Konzept als TV-Serie besser gedient gewesen wäre als durch die Filme, aber dies gehört zu den Dingen, über die man nur spekulieren kann.



Alien Nation wurde in Deutschland ab Januar 1991 auf SAT.1 um 23 Uhr im Programm versteckt und bis heute nur einmal im Free-TV 1996 auf KABEL EINS wiederholt.[2] Die TV-Filme gibt es in deutscher Synchro noch gebraucht auf VHS zu bekommen, The Udara Legacy sogar auf DVD; der Kinofilm wurde gerade sogar neu für den DVD-Markt aufgelegt. Für die Serie muss man auf die US-Veröffentlichung zurückgreifen, was in meinen Augen nicht schlimm ist, weil man so die miese Synchronisation umgeht. Auch die TV-Filme gibt es als schön anzusehende Gesamtbox (mir hat Ebay hier sehr weitergeholfen).  

Alien Nation ist also verfügbar, aber kaum gesehen, zumindest in Deutschland. Eine Schande, denn nochmals: diese Serie gehört zum Besten, was die TV-Science-fiction je hervorgebracht hat. Vielleicht bekommt der ein oder andere dank dieses Vergessene Medienperlen-Auftakts Lust, sie für sich (neu) zu entdecken. Wünschenswert wäre es, denn auch über zwanzig Jahre nach seiner „Geburt“ hat das Konzept nichts an Aktualität eingebüßt. Alien Nation sagt heute noch genauso viel Wahres über unsere Gesellschaft aus wie 1989. Ob dies traurig oder interessant ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Donnerstag, 25. April 2013

Aus den Katakomben des Feuilletons



Auf den ersten Blick mag es nur für bestimmte Kreise eine Meldung wert zu sein: Moderatorin Thea Dorn hat die deutsche Comicszene verärgert.

Wie sowohl der Comic-Blogger Flix auf seiner Facebook-Seite als auch der Internationale Comicshop Grober Unfug meldeten, stellte der Kritiker Denis Scheck am 18. April 2013 in der SWR-Sendung Literatur im Foyer die deutschsprachige Veröffentlichung von Jimmy Corrigan – Der klügste Junge der Welt von Chris Ware vor.

Dorn und auch der zweite Gast des Abends, Dirk Kurbjuweit nahmen dies zur Kenntnis, legten aber auch eine durchaus als snobistisch zu bezeichnende Grundhaltung an den Tag. Nicht nur äußert Dorn den Verdacht, dass Comics etwas für „verschreckte Nerds mit einem komplexen Vaterverhältnis“ sind, auch erhob sich Gelächter, als Scheck das Werk für „avancierte Leser“ empfiehlt.

Comic als Kunst, als Weltkunst, wie es Scheck ausdrückt? Undenkbar, zumindest für Dorn, die sich an fehlenden Seitenzahlen stört, das klassische Bildungsbürgertum heraufbeschwört und bei einem Zitat aus dem unerschöpflichen Erika-Fuchs-Fundus die Nase rümpft.

Fast müßig zu sagen, dass sie aus der „Comics-sind-für-Kinder“-Ecke nicht herauskommt und dies auch am Ende noch einmal süffisant anmerken muss. Der Mediacontainer war so freundlich, diese sieben Minuten aus den Katakomben des Feuilletons zu archivieren.





Was soll man nun daraus machen? Blindes Thea-Dorn-Bashing wäre sicherlich die falsche Lösung, denn machen wir uns nichts vor: Durch einen Shitstorm oder ähnliches wird man die Meinung von Frau Dorn, Herrn Kurbjuweit und Millionen anderer nicht ändern. Im schlimmsten Fall entsteht durch so etwas eher der Eindruck einer wütenden Fanboy und –girl Meute und dieses mediale Bild haben wir nun auch schon zur Genüge gesehen.
Eher gilt es, Menschen wie Dorn zu bemitleiden. Durch das rigorose Aussortieren von Medien nur aufgrund ihres Genres oder ihrer Technik beraubt man sich selbst eines möglichst weit gefassten medialen Horizonts. Ich könnte nun ewig darüber reden, dass Dorns Ignoranz dem gleichen Prinzip folgt, wie manche Menschen Animationsfilme generell als Kinderkram abtun – trotz Die letzten Glühwürmchen, #9, Der phantastische Planet oder Perfect Blue. Oder dass Filme aussortiert werden, weil sie vor einem bestimmten Jahr entstanden sind oder in schwarz/weiß gedreht wurden.

Die Technik oder das Medium sagen noch nichts über die Qualität der erzählten Geschichte aus. Aber auch das immer wieder zu betonen wird irgendwann müßig. Wenn Thea Dorn und Konsorten ihren medialen Horizont nicht erweitern wollen, sollte das nicht das Problem derer sein, die es besser wissen.

Irgendwann diskutiert man ja auch nicht mehr mit Kreationisten, sondern lässt sie in ihren Bibel-Vergnügungsparks allein. Denn vor deren Mauern ist das Leben ohnehin reicher und interessanter.

Als der Weisheit letzter Schluss schicke ich euch wie Flix & Co. mit diesem Beetlebum-Link in den Tag.

Dienstag, 16. April 2013

Vergessene Medienperlen: Eine Einführung



Vermutlich kennt jeder so ein mediales Produkt: einen Film, eine Serie, ein Buch, ein Spiel von dem man denken könnte, nur man selbst erinnert sich noch daran, während der Rest der Welt es vergessen hat. 

Von solchen verschollenen Raritäten möchte ich in einer demnächst startenden, in unregelmäßigen Abständen erscheinenden Serie berichten. Vielleicht wird sich der ein oder andere mit mir erinnern, vielleicht werden einige Insider den Kopf schütteln nach dem Motto „Also, wer das bisher nicht kannte…“ und vielleicht liege ich auch mal falsch und das vorgestellte Werk ist gar nicht so rar. Ich gebe zu, es werden diverse Dinge vorkommen, die durchaus ihren Verbreitungsweg gefunden haben, schließlich ist die DVD ein sehr dankbares Medium. Und das Internet kennt ja ohnehin alles. Oder doch nicht? Lasst euch überraschen. 

Auf jeden Fall hoffe ich, dass euch dieser stroll down memory lane gefallen wird und für Vorschläge, was eurer Meinung nach in diese Kategorie passt, bin ich dankbar. Wer weiß, vielleicht findet der ein oder andere auf diese Weise heraus, dass es auch noch andere „Wissende“ gibt.

Erinnern wir uns!

Montag, 8. April 2013

Farewell to Roger Ebert

Der US-Kritikerpapst Roger Ebert ist tot.

Und auch auf die Gefahr hin, dass dieser Blog zu einem Nostalgia Critic-Sprachrohr wird (was nicht passieren wird), hier eine erneute Weiterleitung eines Editorial-Vlogs. Es spricht so viel Liebe daraus, soviel Passion, genau wie jene, die Ebert hatte und die Doug Walker treffend in Worte fasst.

Montag, 25. März 2013

(Fremde) Gedanken zu TWILIGHT

Ja, auch ich kann herzlich wenig mit Twilight - Bis(s) zum Morgengrauen anfangen. Der pure Fakt, dass das Franchise einen so großen Erfolg hat, ist eine Kultur- und Medienwissenschftliche Betrachtung wert, aber um ehrlich zu sein: ich habe keine Lust, mich durch mehr Twilight-Media zu wühlen als ich es bereits getan habe (und ich gebe zu, dass es nicht zu viel war, denn meine Toleranzschwelle für glitzernde Vampir ist recht niedrig).

Wie gut, dass es da den Nostalgia Critic mit seiner neuen Rubrik Editorial gibt, die durchaus kluge Kommentare zu popkulturellen Themen abgibt. Und auch wenn es bereits über einen Monat her ist, möchte ich euch den Beitrag zur Frage Is TWILIGHT the worst thing ever? nicht vorenthalten, weil er durchaus treffend ist ("The worst role model for a evolving world.").

Viel Spaß!

Dienstag, 1. Januar 2013

Nur eine weitere Jahres-Top-Liste

25 Filme aus einem Jahreszyklus zu sehen ist kein allzu guter Schnitt, um einen wirklich repräsentativen Überblick zu bekommen. Einige Filme spart man wissentlich ein (z.B. Battleship, The Dark Knight Rises, Der Hobbit), für andere fehlte schlicht die Zeit, auch wenn ihre Chancen auf ein lohnendes Filmerlebnis durchaus als hoch einzustufen wären (Ruby Sparks - Meine fabelhafte Freundin, Die Wand, Liebe, Die Wohnung) und müssen nachgeholt werden. Darum sollte die beiden folgenden Listen auf keinen Fall anders als gnadenlos subjektiv eingestuft werden. Sie setzten sich aus 24 Filmen des Jahres 2012 zusammen, die ich gesehen habe. Wer einen ähnlichen Filmgeschmack wie ich hat, der mag daraus seine Schlüsse ziehen, alle anderen können den Kopf über so viel Blödsinn schütteln. Es ist ganz bei euch. Aber was wäre der Jahreswechsel ohne solche Listen?

Die 5 größten Enttäuschungen des Kinojahres

Es sei gleich gesagt: Wirklich richtig schlecht ist keiner dieser Filme, jeder birgt auch gute, mitunter sogar grandiose Momente, in sich. Als Ganzes betrachtet haben sie mich aber enttäuscht.

Platz 5) Extrem laut und unglaublich nah
Dies ist einer jener Filme, die etwas zu sehr auf den Oscar schielen als es ihnen gut tut. Solide Schauspieler, etwas krude Story, angereichert mit wirklich guten Einfällen und Figuren ist der Film als Ganzes etwas zu bemüht in einer Ernsthaftigkeit und seinem Verständnis von anspruchsvollem Kino. Durchaus sehenswert, aber letztlich zu manipulativ und von Hollywood durchkomponiert, um den großen gewünschten Effekt zu erzielen.

Platz 4) Ted
Vielleicht war es falsch, von Seth MacFarlane mehr zu erwarten als eine dümmliche Aneinanderreihung von Sex-, Ekel- und Popkulturwitzen, aber die Trailer ließen Ted durchaus lustig und in gewissen Maße innovativ aussehen. Die Prämisse bietet sehr viel interessantes Material, wirklich viel wird damit nicht gemacht. Mit Ausnahme des gelungenen Beginns ist Ted eher dumm als hip, mit furchtbaren Gags und gegen Ende erstaunlich mean spitited. Keine Empfehlung für diesen Teddy.

Platz 3) Der Lorax
Schreiend bunte, Augenkrebs verursachende Bilder, grauenhafte Songs, so gut wie keine guten Gags und da alles im Dienst einer guten Sache, die aber reichlich mit dem Holzhammer bearbeitet wurde. Der Lorax ist in meinen Augen der animierte Verlierer des Jahres.

Platz 2) Marvel's The Avengers
Normalerweise müsste man um diesen Film kein großes Getöße machen, denn seien wir ehrlich: sich endlos ausweitende Superhelden-Schlachten hatten wir inzwischen mehr als genug. Dumm nur, dass das Marketing für The Avengers uns die Mutter aller Schlachten versprochen hat, der Film in Endeffekt aber ein Sturm im Wasserglas war: Die Action war eher langeweilig, die erste halbe Stunde war eine filmische Katastrophe epischen Ausmaßes, die Charaktere eher nervig als heroisch. Zum Glück findet sich in der Top-Liste noch ein Beispiel, wie man auch einen guten Film mit Superhelden in Zeiten des Megablockbusters drehen kann...

Platz 1) Young Adult
Thank You For Smoking, Juno, Up In The Air - es schien, als könnte Regisseur Jason Reitman nichts falsch machen, im Gegenteil: seine Filme wurden besser und besser. Young Adult bricht diesen Trend mit einer so extremen Anti-Heldin, dass der Film seine beabsichtigten emotionalen Feedbacks verspielt (ein ähnliches Problem plagte auch The Social Network) und trotz einiger genialer Sequenzen (die Begegnung in der Buchhandlung etwa oder Mavis' sinnentleertes herumtippen auf Ihrem BlackBerry) ein indifferentes Gefühl zurückbleibt. Gar nicht tief in Young Adult sind die Zutaten zu einem hervorragenden Film verborgen. Reitmans Trüffelsinn lässt ihn hier dummerweise im Stich und dies ist wohl die größte Enttäuschung des Jahres.



Meine Top 6 des Kinojahres 2012
Auch hier gilt: Subjektivität in ihrer schönsten Form! Viel Spaß!

Platz 6) Ziemlich beste Freunde
Würde der Film nicht auf einer wahren Geschichte beruhen, man hätte ihn als unglaubwürdigen Sozialkitsch angetan. Aber nicht nur die Realität hilft ihm, auch seine weitestgehend auf manipulative Züge verzichtende Machart. Feel-Good-Movies müssen nicht automatisch anspruchslos und dumm sein. Ziemlich beste Freunde ist der Beweis dafür: Ein wirklich hervorragendes Feel-Good-Movie.

Platz 5) Shame
Ein Film ohne wirkliche Handlung, ohne Kartharsis, ohne Helden, eine traumwandlerische Reise in die Welt der nicht Substanz abhängigen Süchte. Michael Fassbenders Portrait eines Sexsüchtigen ist grandios, was er selbst mit kleinsten Gesten transportiert beeindruckend. Kein einfacher, kein erfreulicher Film, aber einer, der unter die Haut geht und dort bleibt.

Platz 4) Chronicle - Wozu bist du fähig?
Wenn The Avengers das Superheldengenre als Abrissbirne begreift, dann sieht es Chronicle als filigranes Werkzeug, um von Ängsten, Druck, Verantwortung und schöner neuer Medienwelt zu erzählen. Gleichzeitig eine Abhandlung über die sich minütlich vermehrende Flut von Medienbildern und eine Geschichte über Menschen mit Superhelden-Fähigkeiten, webt der Film auch noch teenage angst und Sozialkommentar ein und verquirlt das Ganze zu einem intensiven Ganzen. Chronicle ist ein Film, der nicht nur das Found Footage-Stilmittel á la Blair Witch Project intelligent einzusetzen weiß, sondern dem man auch massenhaft Zuschauer wünscht.

Platz 3) Prometheus - Dunkle Zeichen
Grandioser Science-Fiction-Film, die Erste. Ridley Scotts erster Teil der Alien-Prequels ist nicht nur intelligent und unterhaltsam, sondern auch ein sinnliches Fest. Hervorragende Effekte, sinnvoll eingesetztes 3D und gewohnt beeindruckendes Production Design. Scotts Universum mag nicht so froh wie das von Star Trek sein, aber dafür ist es auch gehaltvoller.

Platz 2) Looper
Grandioser Science-Fiction-Film, die Zweite. Endlich wurde das Zeitreisethema mal wieder ernsthaft und durchdacht behandelt und dann hält es sich auch noch so dezent im Hintergrund, dass sich die emotionalen Aspekte des starken Drehbuchs entfalten können. Looper ist intelligent, ernsthaft, durchdacht und auf jeder Ebene ein Meisterwerk für sich.

Platz 1) ParaNorman
Vielleicht ist es berufsbedingt, aber ParaNorman ist ein wirklich beeindruckender Film und mein Favorit 2012. Technisch absolut makellos, mit zum heulen schöner Animation und einer augenzwinkerndernden Story ist der Film zudem emotional glaubwürdig, mitreißend und schlicht so unterhaltsam, dass der Abspann viel, viel zu früh einsetzt. Man kann und möchte sich in dieser perfekten Welt verlieren, länger als die knapp 90 Minuten Spielzeit. ParaNorman ist ein Must-See nicht nur für Animationsfreunde, sondern für Fans der Kunstform Spielfilm allgemein. Eine in jeder Hinsicht beeindruckend gelungene Leistung.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Es ist Kunst! - Ja, verdammt!

Bildquelle: Pixarblog

Am vergangenen Samstag, quasi um die Aufnahme von Der Schrottplatz in die offizielle Selektion des vierten Montrealer Stop-Motion Film Festivals zu feiern, haben meine Frau und ich die noch bis zum 06. Januar 2013 in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehende Ausstellung PIXAR - 25 Years of Animation besucht. 
Was soll ich sagen? Hervorragend! Ich bin ja auch ein Fan von Art of...-Büchern und die gesamte Ausstellung ist im Grunde so etwas. Keine interaktiven Inhalte, keine Filmausschnitte (wenn man mal von der Illustrierung der einzelnen Arbeitsschritte beim Entstehen einer Sequenz absieht -- aber die kennt man als geneigter Fan ja ohnehin bereits von diversen DVD-Extras), nur ein sehenswertes Toy Story Zoetrop und ein etwas langatmiges Artscape, ansonsten: Skizzen, Scribbles, Color Sheets, Modelle und noch mehr Skizzen. Das sich unter solchen anwendungsbezogenen Gebrauchsdingen auch echte künstlerische Schätze verbergen können, sollte klar sein. Ist es aber nicht. PIXAR in der Bundeskunsthalle, dieser Umstand muss sich scheinbar ständig verteidigen. Es ist das alte Lied von der Frage, ob Kino für die Massen künstlerisch wertvoll sein kann und da PIXAR ausschließlich Trickfilme produziert, wird das Lied umso lauter gespielt. Kein Artikel, sei er auch noch so positiv, kommt da herum (und ich schließe mich gar nicht aus, schließlich schreibe ich ja nun auch darüber).
So liest man beispielsweise in epd Film:
"Nachdem sie mit TOY STORY 1995 ihr Langfilmdebüt gaben, galten die Burbanker Pixar-Studios als ein merkwürdiger Sonderfall in Hollywood. Sie produzierten Filme, die, unter dem Deckmäntelchen der Animation, nicht nur für klingende Kassen sorgten, sondern auch noch bei Kritikern regelmäßig Bestnoten absahnten." (Alexander Gajic: Es ist Kunst!, epd Film 9/10, S. 10)
Deckmäntelchen ist ein furchtbares Wort, impliziert es doch, dass man immer noch überrascht sein muss, wenn Filme ohne reale Schauspieler mehr sind als Kinderunterhaltung und auch Kritiker - o Gott! - sie mögen und feiern können. Man fühlt sich an die Diskussionen in den 70ern erinnert, ob Horrorfilme gut, künstlerisch wertvoll und von Kritikern empfohlen werden könnten. Der weiße Hai ist heute ein anerkannter Klassiker. Damals hätte man sich lieber die Zunge abgebissen als zuzugeben, dass es sich bei diesem sowohl bei Publikum als auch Kritikern beliebten Film um einen schnöden Horrorfilm handelte. Oder dass in Filmen wie Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt auch ruhig blutig geschockt werden durfte, ohne dabei gleich jeglichen Anspruch zu verlieren (all diese Infos habe ich aus Jason Zinomans wunderbaren Buch Shock Value, dass ich jedem Filmfan als kurzweilige Lektüre nur ans Herz legen kann). Nichts anderes illustriert das dezente Wundern, dass versteckte Rechtfertigen, dass etwas wie PIXAR in der Kunsthalle des Bundesrepublik Deutschland ausgestellt wird, ohne dabei zu einer Familien- oder gar Kinderveranstaltung zu werden (epd-Autor Gajic berichtet von gelangweilten Kindern und auch ich kann hier nur betonen, dass die Ausstellung mit seinem klassischen Museumskonzept deutlich auf ein erwachsenes Publikum abzielt). Schon ein Titel wie Es ist Kunst! ist ein Ausruf der versteckten Rechtfertigung.
Natürlich produziert PIXAR Kunst, natürlich bieten viele animierte Filme weitaus mehr als "nur" Kinderunterhaltung und vielleicht kommt irgendwann die Zeit, wenn sich der animierte Film nicht mehr dafür rechtfertigen muss, welche Kunstform man für die Erzählung der jeweiligen Geschichte gewählt hat. Also, auf nach Bonn und das sehen, worüber sich das Feuilleton so wundert: Dass die Entstehung eines animierten Films etwas mit Kunst zu tun hat. Diese Botschaft zu verbreiten ist eine wichtige Angelegenheit, denn sogar während meines Studiums, in einer Umgebung also, in der man klischeehaft annehmen sollte, dass solche Vorurteile einen schwereren Stand hätten, musste ich mich für die gewählten Ausdrucksform rechtfertigen. Animation ist sehr viel mehr, als sich die meisten Menschen auch nur vorstellen können und die Bundeskunsthalle tut ihr Bestes, diesen Horizont zu erweitern. Dankeschön!

Dienstag, 25. September 2012

BuSho 2012

Flitterwochen sind offenbar kein Grund, auf filmische Erlebnisse zu verzichten. So ergab es sich, dass meine Frau und ich während unseres Aufenthaltes in Budapest das achte Budapester Short Film Festival (BuSho) besuchten, dass eine beachtliche Anzahl von meistens doch durchaus sehenswerten Filmen präsentierte, und das alles im Vörösamarty Cinema, einer nostalgischen, charmanten Einrichtung mit gerade einmal zwei Kinosälen.
Aufgrund der schieren Masse an Angeboten (wenn man gewollt hätte, hätte man an vier Tagen von 13 bis 23 Uhr fast durchgängig Kurzfilme ansehen können) konnten wir natürlich nicht alles sehen, aber einige Highlights möchte ich euch an dieser Stelle nicht vorenthalten und habe mein bestes gegeben, die betreffenden Filme auch frei im Internet zu finden.

OUT OF ERASERS (Erik Rosenlund, Schweden/Dänemark)
Gewinner des Spezialpreises der Studentenjury 2011. Hier findet ihr die offizielle Seite, im Netz gibt es leider nur einen Ausschnitt (der es dafür aber in sich hat).


ARIADNE'S THREAD (Attila Bertóti, Ungarn)
Gewinner des Preises als bester Animationsfilm 2011. Ich mag den Stil, das Was wäre, wenn...-Spiel und natürlich, dass der Film so effektiv gleichzeitig spannend, cool und witzig ist.


THE IDIOT (Francois Paquay, Belgien)
Beste Comedy 2011. Ein bisschen Die Frauen von Stepford gemixt mit Spuk von Draussen...

The Idiot / Le Con from Imagine-Production.be on Vimeo.

FINALE (Balázs Simonyi, Ungarn)


PICNIC (Gerardo Herrero, Spanien)


ZOMBIEFICATION (Stefan Lukacs, Österreich)


LUCILLE (Albert Pintó, Spanien)
Leider ohne Untertitel, aber ich denke, es wird auch so klar.


DIRTY FRIDAY (Adrián Miguel Delgado, Spanien)
Im Netz findet sich nur der Trailer:


PLAYING WITH DEATH (Paul Urkijo, Spanien)

JUGANDO CON LA MUERTE/ PLAYING WITH THE DEATH by Paul Urkijo Alijo from Paul Urkijo on Vimeo.

A DIFFERENT PERSPECTIVE (Chris O'Hara, Irland)
Leider gibt es auch hier nur einen Trailer zu bewundern. Solltet ihr irgendwie in den Genuss kommen können, dieses Kleinod zu sehen -- tut es!
"A Different Perspective" Trailer from Chris O'Hara on Vimeo.


SCRABBLED (Fridolin Piltz, Deutschland)
Scrabbled from Fridolin Piltz on Vimeo.

BRANDT RHAPSODIE (Francois Avril, Frankreich)
Hier gilt der gleiche Kommentar wie bei A Different Perspective...
Brandt Rhapsodie - Excerpt from Tristan Menard on Vimeo.

NIGHT (Csilla Zsély, Ungarn)

Night from Csilla Zsély on Vimeo.

PRORA (Stephane Riethauser, Schweiz)
Wieder mal nur ein Trailer für einen genial fotografierten Film.
Prora (Teaser) from Stéphane Riethauser on Vimeo.

DROWNED (Juan Marcio Migliorisi, USA)
Einbetten funktioniert hier leider nicht, aber den kompletten Film kann man legal hier sehen:
http://www.seeflik.com/drowned

FRUIT JARS - A RATHER FRUITY TIME LAPSE (Mark Rigler, UK)

Fruit Jars - a rather fruity time lapse from Mark Rigler on Vimeo.

EARTHMOVING - A SIERRA ZULU PREQUEL (Johannes Grenzfurthner, Österreich)
EARTHMOVING: A Sierra Zulu Prequel (by monochrom) from monochrom on Vimeo.

A TALL TALE (Stephen Middleton, UK)
Schon wieder ist das einbetten nicht möglich, aber diese Webseite lässt euch den Film trotzdem ansehen:
http://www.dandad.org/talent/portfolios/221/stephen-middleton/16752/a-tall-tale

SWING OF CHANGE (Harmony Bouchard, Andy Le Cocq, Joakim Riedinger, Raphael Cenzi, Frankreich)

Swing of Change from Swing of Change on Vimeo.

Und last but not least muss ich hier unbedingt die Werbetrommel für den wunderbaren Film I remember you (Muistan Sinut) von Marko Pekkanen aus Finnland rühren, der leider weder als Trailer geschweige denn als kompletter Film im Netz zu finden ist. Bisher lief er aber auch erst auf zwei Festivals, also haben wir eine Chance, dass er in näherer Zukunft noch mehr an die Öffentlichkeit gerät. Verdient hätte er es.