Donnerstag, 27. März 2014

31 Tage - 31 Filme: Tag 27



Tag 27 – Welchen Film sollte deiner Meinung nach jeder gesehen haben?

Was soll man hier nur antworten? Den Lieblingsfilm nennen? Müßig. Etwas so persönliches wie den Lieblingsfilm auszuwählen würde rein gar nichts bringen, denn es ist ja mein Lieblingsfilm und ich kann ihn empfehlen, aber was würde es bringen, wenn ich ihm jemanden ans Herz lege, von dem ich weiß, dass er inhaltlich und/oder ästhetisch nichts damit anfangen kann? Ich zwinge einem Hardcore-Transformers-Fan ja auch nicht Before Sunrise auf.

Vielleicht sollte man fiktionale oder fiktionalisierte Stoffe ganz herausnehmen. Niemand wird sterben, wenn er nicht IMDBs Topfilm Die Verurteilten gesehen hat, die Welt wird sich auch dann weiterdrehen, wenn ich niemals dazu komme, Die Wasser der Hügel zu sehen. Ich kann Empfehlungen aussprechen, aber sie werden immer nur für jene Menschen von größerem Interesse sein, die einen zumindest ähnlichen Geschmack haben. Muss man also keinen Film zwingend gesehen haben? Ja. Gibt es Filme, die man unabhängig vom sonstigen (Spielfilm-)Geschmack einer großen Bandbreite an Menschen ans Herz legen kann? Auch hier lautet die Antwort ja. Denn im weiten Feld der Dokumentationen gibt es Kandidaten, denen ich den Status des „Muss-man-gesehen-haben“ eher zutrauen würde als fiktionalen Stoffen, eben weil sie als Dokumentation unmittelbarer daherkommen.

Dies führt aber zum nächsten Problem: Welches Thema ist so allumfassend, so groß, dass es viele Menschen angeht und diese Platzierung rechtfertigt? Privatisierung wie Der große Ausverkauf? Nahrungsmittelherstellung und –vertrieb wie in We feed the World – Essen global? Die überwältigende Schönheit des Planeten Erde wie in Home? Oder, dem Massengeschmack entsprechender, Eine unbequeme Wahrheit oder gar eine beliebige Michael-Moore-Doku? Doch da ich, Jan Noyer, in diesen Tagen zu den Fragen Stellung nehme, wähle ich Die Bucht aus.



Es gibt diverse Kritikpunkte, die in meinen Augen aufgrund des Inhalts aber entkräftet werden. Die Bucht ist emotional schwer zu verkraften, vor allem für jene Zuschauer, denen bereits vorher klar war, dass der Mensch nicht die einzige intelligente Lebensform auf der Erde ist, wie auch immer man Intelligenz auslegen mag. Die Bucht zwingt den Zuschauer dazu, Stellung zu beziehen und vor allem, sich selbst im Geflecht der Arten zu definieren. Bei Menschen, die ihre eigene Spezies als die Überlegende wahrnehmen, wird wohl auch dieser Film nichts ändern. Aber von allen Filmen, die mir einfallen, ist Die Bucht derjenige, dem ich am ehesten das Prädikat „Muss-man-gesehen-haben“ verleihen würde, eben weil seine Brisanz und sein Relevanz weit über das hinausgehen, was ein handelsüblicher Spielfilm zu leisten vermag. Als Ergänzung kann man sich dann noch Blackfish und Unter Menschen ansehen. Und dann endgültig zum Misanthropen werden.


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